Donnerstag, 28. September 2023

Die Anschauung der inneren Tätigkeit zum Begriff fixieren.

                                      zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik 

Ich richte meine Aufmerksamkeit auf den Zustand der Ruhe, in dieser Ruhe wird das, was eigentlich ein Tätiges ist, ein Gesetztes; es bleibt keine Tätigkeit mehr, sondern ein Pro-dukt, aber nicht etwa ein anderes Produkt als die Tätigkeit selbst, kein Stoff, kein Ding, welches vor dem Vorstellen des Ich vorherging; sondern bloß das Handeln wird dadurch, dass es angeschaut wird, fixiert; so etwas heißt ein Begriff, im Gegensatz der Anschauung, welche auf die Tätigkeit als solche geht.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 32f.


Man nennt die innere Thätigkeit, in ihrer Ruhe aufgefasst, durchgängig den Begriff... Der Begriff ist überall nichts anderes, als die Thätigkeit des Anschauens selbst, nur nicht als Agilität, sondern als Ruhe und Bestimmtheit aufgefasst. ...

Im gemeinen Bewusstseyn kommen nur Begriffe vor, keinesweges Anschauungen als sol-che; unerachtet der Begriff nur durch die Anschauung, jedoch ohne unser Bewusstseyn, zu Stande gebracht wird. Zum Bewusstseyn der Anschauung erhebt man sich nur durch Freiheit, wie es soeben in Absicht des Ich geschehen ist; und jede Anschauung mit Be-wusstseyn bezieht sich auf einen Begriff, der der Freiheit die Richtung andeutet. Daher kommt es, dass überhaupt, so wie in unserem besonderen Falle, das Object der Anschau-ung / vor der Anschauung vorher daseyn soll. Dieses Objekt ist eben der Begriff. Nach unserer gegenwärtigen Erörterung sieht man, dass dieser nichts anderes sey, als die An-schauung selbst, nur nicht als solche, als Thätigkeit, sondern als Ruhe aufgefasst. 
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ders., Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre, [1797] SW I, S. 533f. 


Begreifen heißt, ein Denken an ein anderes anknüpfen, das erstere vermittelst des letz-teren denken. Wo eine solche Vermittlung möglich ist, da ist nicht Freiheit, sondern Mechanismus
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ders., Das System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW IV, S. 182

 
Nota I. - Der Begriff ist nicht die Anschauung selber, sondern deren Bild: Ein Schema. Er ist nicht, wie jene, Stoff des Denkens, sondern sein Fixativ. Denn nur als ein Fixiertes kann es geprüft werden. 
21. 12. 18
 
 
Nota II. - Die Wissenschaftslehre stellt dar den Ausbildungsgang der Vernunft von der Selbstsetzung des Ich bis zur prozessierenden Bestimmung einer intelligiblen Welt durch die Reihe vernünftiger Wesen
 
Die 'Dinge' der intelligiblen Welt sind gegeben als Begriffe - Erfahrungsbegriffe und Nou-mena. In der intelligiblen Welt verkehren die vernünftigen Wesen auf diskursive Weise - indem sie ihr Denken darstellen als ein Verknüpfen von Begriffen. Dies geschieht im All-tagsgebrauch des gesunden Menschenverstands ebenso wie in den reellen Wissenschaften.
 
Eine historische Beschreibung des diskursiven Verkehrs der Reihe vernünftiger Wesen un-tereinander ist nicht Gegenstand der Wissenschaftslehre. Sie demonstriert vielmehr gene-tisch, wie die Begriffe aus Anschauungen hervorgebracht wurden. Mehr ist nicht ihres Amtes. Sie hat den Gebrauch der Vernunft vom gesunden Menschenverstand bis zu den reellen Wissenschaften gerechtfertigt. Als Kritik ist sie allenthalben berufen, ihren korrekten Gebrauch zu prüfen. Dazu mögen kritische historische Darstellungen notwendig sein - "nach Prinzipien der Wissenschaftslehre", wie Fichte sagen würde. 

Er hätte gut daran getan, diesen von ihm selbst eingeführten Unterschied in Sachen Na-turrecht und Sittenlehre besser zu beherzigen.
11. 3. 21


Begreifen heißt, ein Phänomen in Begriffe auflösen oder, was dasselbe ist, aus Begriffen zusammensetzen.

Man mag sagen, im Verfahren des Begreifens bildeten sich die Begriffe erst aus. Nun ja: Anfangen kann man mit ihnen jedenfalls nicht. Anfangen kann man immer nur durch einen Akt der Freiheit.
JE, 19. 11. 2022
 
 
NotaDas obige Foto gehört mit nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE   

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