
Unseren Vorstellungen von Gott, Sittlichkeit, Recht pp. kommt eben sowohl objektive Gültigkeit zu wie unseren Vorstellungen von der Welt. Beiderlei gründet sich auf Gefühle. Der Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass die Vorstellungen der Welt auf ein Gefühl unserer Beschränktheit, die von Gott pp. auf ein Gefühl unseres Strebens gründen.
Auf die
Vorstellungen der Welt muss jeder reflektieren, so gewiss er ist, aber
die Vorstellun-gen von einem Gott setzen schon moralische Bildung voraus.
/ Die
Weltvorstellungen werden durch alle Vernunftgesetze bestimmt, aber nicht
die von Gott. Gott kann man nicht bestimmem, man kann ihn nur
anschauen. Von Gott gibts kei-nen Begriff, sondern nur eine Idee.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, 106f.
Nota. - Kant hatte die Objektivität der Welt in der apriorischen Anschauung vom Raum begründet, Fichte gründet sie unmittelbar im Ich. Kant konnte die Objektivität der Gottes-vorstellung nicht im Raum begründen, Fichte will sie wiederum unmittelbar im Ich begrün-den: im Gefühl des Strebens. Doch im Gefühl des Strebens kann er lediglich die Idee eines Zwecks-überhaupt, Zwecks der Zwecke, eines absoluten Wozu usw. begründen, die qua Idee ein bloßes Noumenon, eine Fiktion darstellt, von der 'gar nicht vorgegeben wird, dass ihr etwas Wirkliches entspreche'.
Er will aber auf
die Vorstellung Gottes als ein Bild des Sittengesetzes hinaus. Da
müsste zur Objektivität der Idee vom Zweck-an-sich noch etwas
Subjektives hinzutreten, das nicht not-wendig, sondern willkürlich wäre;
er sagt es selbst: eine "moralische Bildung". - Seine Argu-mentation wäre
schlüssiger geblieben, wenn er auf diesen Beisatz verzichtet hätte.
JE 22. 10. 16
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