Freitag, 3. Oktober 2025

"...dass unsere Geisterwelt nichts ist als eine Abstraktion von der Körperwelt."

elderscrolls                                                             zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Wenn dies nun so ist, so wird nicht nur, wie im vorigen Paragraphen das Objekt und wie im jetzigen der Raum, - sondern beide werden vorausgesetzt.  Beide sind in demselben Akte das Bestimmbare in aller Vorstellung. Materie ist die Synthesis des Raums mit dem Objekte - so ists auch im Praktischen. Ich kann die Materie teilen, zusammensetzen, aber nicht weg-schaffen, nicht vermehren, nicht vermindern; / wo wir hin denken, finden wir Raum, weil wir überall Materie denken.

Auf diesen Satz kommt es vorzüglich an. Wir sehen hier die Entstehung der ganzen Kör-perwelt, ja unserer gesamten, auch der Geisterwelt, denn es wird sich zeigen, dass unsere Geisterwelt nichts ist als eine Abstraktion von der Körperwelt. 


Wir haben jetzt die Einsicht erhalten, wie uns die Welt entstehen müsse; wir brauchen kei-nen gegebenen Stoff vorauszusetzen. Alles Objektive, und das Objektive hebt von der Ma-terie an, entsteht in uns; ich bin ursprüngich beschränkt, und diese Beschränktheit, wenn ich darauf reflektiere, ist das Gefühl. Das Gefühl lässt sich allenfalls für das Gegebene halten, allenfalls, denn es ist auch nur ein Gefühl, in wiefern ich darauf reflektiere.
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J. G. Fichte,
Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 112f.



Nota. - Die Stelle hatte ich bislang nicht klar genug verstanden. Zwar habe ich längst be-merkt, dass keine andere Naturlehre sich mit der Wissenschaftslehre verträgt, als eine streng materialistische. Aber dass Fichte die Geisteswelt geradezu als abstrahiert von der Körper-welt bezeichnet, macht ihn selber zu einem ausdrücklichen Materialisten.
4. 11. 16

Nota II. -  Die Schwierigkeit, die Wissenschaftslehre nach zudenken, liegt darin, dass jede einzelne Stelle sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten semantischen Ebene gedacht werden kann - wie ein Kippbild in der Gestaltpsychologie: mal real und anschaulich und mal ideal in der Reflexion. Doch weil die Reflexion frei den einen sowohl als auch den an-dern Gesichtspunkt wählen kann, irrlichtert sie zwischen beiden hin und her. Denn die Reflexion ist 'an und für sich' frei und an Vorgaben allenfalls problematisch gebunden.
JE


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