Freitag, 20. Juni 2025

Der Begriff des Seins ist kein ursprünglicher, sondern ist von der Tätigkeit abgeleitet.

                                aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
                                                                                           
Man werde ferner finden, wird behauptet, dass man sich im Entwerfen des Begriffs vom Ich nicht tätig setzen könne, ohne diese Tätigkeit als eine durch sich selbst bestimmte, und diese nicht ohne ein Übergehen von der Unbestimmtheit oder Bestimmbarkeit zu setzen, welches Übergehen eben die bemerkte Tätigkeit ist ( N. 1 et 2 supra). 

Den durch die bestimmte Tätigkeit entstandenen Begriff könne man gleichfalls nicht fassen, ohne ihn durch ein entgegengesetztes NichIch zu bestimmen, das Bestimmbare sei dassel-be, was oben das Ruhende war (§1), weil es eben zur Tätigkeit bestimmt wird, und das, was in Beziehung auf die Anschauung des Ich Begriff desselben sei, sei
[in Beziehung] auf das Nicht-Ich Anschauung. / Es sei nämlich Begriff des Anschauens (N. 4). 

Dem NichtIch komme zu Folge der Entgegensetzung zu der Charakter der Negation der Tätigkeit, das ist der des Seins, welcher der Begriff aufgehobener Tätigkeit, sonach nicht ein irgend ursprünglicher, sondern ein von der Tätigkeit abgeleiteter und negativer sei.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, S. 43f.   


Nota. -
Das ist der wesentliche Unterschied zwischen der rationellen Dialektik Fichtes und ihrer Hegel'schen Mystifikation: Positio und Negatio sind nicht gleich-ursprünglich; Sein setzt Tätigkeit voraus, die es negiert, und beide setzen voraus einen Tätigen und Negieren-den, für den sie sind. - Den Tätigen und die Tätigkeit scheidet Hegel aus, für ihn sind Sein und Nichts 'an sich' da, Tätigkeit entsteht erst aus dem Gegensatz beider; bei H.'s Subjekt-Objekt ist auch die subjektive Seite ein Objektivum.
JE, 23. 4. 16 

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

Donnerstag, 19. Juni 2025

Verdinglichung und Begriffe.

programm.orf                                                   aus Marxiana

Die Arbeit als solche, in ihrer einfachen Bestimmtheit als zweckmäßige produktive Thä-tigkeit, bezieht sich auf die Produktionsmittel, nicht in deren gesellschaftlicher Formbe-stimmtheit, sondern in ihrer stofflichen Substanz, als Material und Mittel der Arbeit, die sich ebenfalls nur stofflich, als Gebrauchswerthe von einander unterscheiden, die Erde als unproducirtes, die andren als producirte Arbeitsmittel. 

Fällt also die Arbeit mit der Lohnarbeit zusammen, so fällt auch die bestimmte gesellschaft-liche Form, worin die Arbeitsbedingungen nun der Arbeit gegenüberstehn, zusammen mit ihrem stofflichen Dasein. Die Arbeitsmittel sind dann als solche Kapital, und die Erde als solche ist Grundeigenthum. Die formale Verselbständigung dieser Arbeitsbedingungen gegenüber der Arbeit, die besondre Form dieser Verselbständigung, die sie gegenüber der Lohnarbeit besitzen, ist dann eine von ihnen als Dingen, als materiellen Produktionsbedin-gungen untrennbare Eigenschaft, ein ihnen als Produktionselementen nothwendig zukom-mender, immanent eingewachsener Charakter. 

Ihr durch eine bestimmte Geschichtsepoche bestimmter socialer Charakter im kapitalisti-schen Produktionsproceß ist ein ihnen naturgemäß, und sozusagen von Ewigkeit her, als Elementen des Produktionsprocesses eingeborner dinglicher Charakter.
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K. Marx, Das Kapital III, 
MEGA II.15S. 800 [MEW 25, S. 833]  

 

Nota. - Arbeit ist kein Ding oder Sachverhalt, sondern eine Tätigkeit. Nicht Kapital und Arbeit stehen sich auf dem Markt gegenüber, sondern Kapitaleigner und Menschen, die nichts anderes zu verkaufen haben als ihre Leistungskraft. Und das ist der springende Punkt: Der Arbeiter vermietet für eine gewisse Zeit deren Gebrauch und Verbrauch, und der Kapitaleigner erhält deren Produkt, das er seinerseits verkauft. Das, was dazwischen liegt, nennt man arbeiten. 'Die Arbeit' gibt es nur als Begriff.

Das nennt man Verdinglichung.
 
Nachtrag.

Erfunden hat den Ausdruck Verdinglichung wohl Hegel. Allerdings im umgekehrten Sinne; nämlich so, als würden die Begriffe verdinglicht: aufgefasst als in Raum und Zeit wirkende Dinge; was für ihn, der sie als Stationen im Gang der Selbstbewegung des Geistes verstand, eine Profanierung war. Doch so hat der Ausdruck keine kritische Pointe und erscheint le-diglich als ein Rüffel gegen faules Denken.

Ein Denkfehler ist im Gegenteil, das Geschehende, statt als Tätigkeit, als Begriff zu fassen - wobei die Scheidung des phänomenal Gegebenen in Geist und Materie von vornherein un-terschoben ist. Daraus wird ein philosophisches Mysterium ersonnen, das in dialektischen Dunst gehüllt ist. 

Es ist aber wirklich (sic) so, dass willkürliches Handeln nicht begriffen - durch Merkmale definiert -, sondern lediglich angeschaut werden kann. Das wahre Mysterium ist nicht von vornherein der pp. Gegensatz von Geist und Materie, sondern das Phänomen der Freiheit, das nur eine Ansicht des Wollens ist, und der Tritt erst in den Gesichtskrei dessen, der schon nicht mehr tut, sondern nachträglich reflektiert; alias längst in die Welt der Begriffe eingetaucht ist. Das lässt sich nur mit Beriffen nicht auflösen... 
JE 


Mittwoch, 18. Juni 2025

Woher kommt der Ausdruck 'transzendental'?

 hiveminer                                                                        Philosophierungen

Es findet sich aber in der Transscendentalphilosophie der Alten noch ein Hauptstück vor, welches reine Verstandesbegriffe enthält, die, ob sie gleich nicht unter die Kategorien ge-zählt werden, dennoch nach ihnen als Begriffe a priori von Gegenständen gelten sollten, in welchem Falle sie aber die Zahl der Kategorien vermehren würden, welches nicht sein kann.


Diese trägt der unter den Scholastikern so berufene Satz vor: quodlibet ens est unum, ve-rum, bonum. Ob nun zwar der Gebrauch dieses Princips sehr kümmerlich ausfiel, so daß man es auch in neueren Zeiten beinahe nur ehrenhalber in der Metaphysik aufzustellen pflegt, so verdient doch ein Gedanke, der sich so lange Zeit erhalten hat, so leer er auch zu sein scheint, immer eine Untersuchung seines Ursprungs und berechtigt zur Vermuthung, daß er in irgend einer Verstandesregel seinen Grund habe, der nur, wie es oft geschieht, falsch gedolmetscht worden.

Diese vermeintlich transscendentale Prädicate der Dinge sind nichts anders als logische Erfordernisse und Kriterien aller Erkenntniß der Dinge überhaupt und legen ihr die Kate-gorien der Quantität, nämlich der Einheit, Vielheit und Allheit, zum Grunde, nur daß sie diese, welche eigentlich material, als zur Möglichkeit der Dinge selbst gehörig, genommen werden müßten, in der That nur in formaler Bedeutung, als zur logischen Forderung in Ansehung jeder Erkenntniß gehörig, brauchten und doch diese Kriterien des Denkens un-behutsamer Weise zu Eigenschaften der Dinge an sich selbst machten.

In jedem Erkenntnisse eines Objects ist nämlich Einheit des Begriffs, welche man qualita-tive Einheit nennen kann, so fern darunter nur die Einheit der Zusammenfassung des Man-nigfaltigen der Erkenntnisse gedacht wird, wie etwa die Einheit des Thema in einem Schau-spiel, einer Rede, einer Fabel. Zweitens Wahrheit in Ansehung der Folgen. Je mehr wahre Folgen aus einem gegebenen Begriffe, desto mehr Kennzeichen seiner objectiven Realität. Dieses könnte man die qualitative Vielheit der Merkmale, die zu einem Begriffe als einem gemeinschaftlichen Grunde gehören (nicht in ihm als Größe gedacht werden), nennen. Endlich drittens Vollkommenheit, die darin besteht, daß umgekehrt diese Vielheit zusam-men auf die Einheit des Begriffes zurückführt und zu diesem und keinem anderen völlig zusammenstimmt, welches man die qualitative Vollständigkeit (Totalität) nennen kann.

Woraus erhellt, daß diese logische Kriterien der Möglichkeit der Erkenntniß überhaupt die drei Kategorien der Größe, in denen die Einheit in der Erzeugung des Quantum durch-gängig gleichartig angenommen werden muß, hier nur in Absicht auf die Verknüpfung auch ungleichartiger Erkenntnißstücke in einem Bewußtsein durch die Qualität eines Erkenntnis-ses als Princips verwandeln. So ist das Kriterium der Möglichkeit eines Begriffs (nicht des Objects derselben) die Definition, in der die Einheit des Begriffs, die Wahrheit alles dessen, was zunächst aus ihm abgeleitet werden mag, endlich die Vollständigkeit dessen, was aus ihm gezogen worden, zur Herstellung des ganzen Begriffs das Erforderliche desselben ausmacht; oder so ist auch das Kriterium einer Hypothese die Verständlichkeit und Krite-rien aller Erkenntniß der Dinge überhaupt und legen ihr die Kategorien der Quantität, nämlich der Einheit, Vielheit und des angenommenen Erklärungsgrundes oder dessen Einheit (ohne Hülfshypothese), die Wahrheit (Übereinstimmung unter sich selbst und mit der Erfahrung) der daraus abzuleitenden Folgen und endlich die Vollständigkeit des Erklä-rungsgrundes zu ihnen, die auf nichts mehr noch weniger zurückweisen, als in der Hypo-these angenommen worden, und das, was a priori synthetisch gedacht war, a posteriori analytisch wieder liefern und dazu zusammenstimmen.

 - Also wird durch die Begriffe von Einheit, Wahrheit und Vollkommenheit die transscen-dentale Tafel der Kategorien gar nicht, als wäre sie etwa mangelhaft, ergänzt, sondern nur, indem das Verhältniß dieser Begriffe auf Objecte gänzlich bei Seite gesetzt wird, das Verfah-ren mit ihnen unter allgemeine logische Regeln der Übereinstimmung der Erkenntniß mit sich selbst gebracht
.

Kant, Kritik der reinen Vernunft, Akademie-Ausgabe AA III, S. 97f

 
In der mittelalterlichen Scholastik sind Transzendentalien (lat.: transcendentalia, von transcendere „übersteigen“) die Grundbegriffe, die allem Seienden als Modus zu-kommen. Wegen ihrer Allgemeinheit übersteigen sie die besonderen Seinsweisen, welche Aristoteles die Kategorien nannte (Substanz, Quantität, Qualität usw.). Die Transzendentalien liegen aber nicht jenseits der Kategorien, sondern sind in allen Kategorien jeweils enthalten.

Ontologisch betrachtet werden die Transzendentalien als das allen Seienden Gemein-same aufgefasst, da sie von allem ausgesagt werden können. In kognitiver Hinsicht sind sie die „ersten“ Begriffe, da sie nicht auf logisch Vorausgehendes rückführbar sind.

Im Hochmittelalter seit Albertus Magnus sind die Transzendentalien der eigentliche Gegenstand der Metaphysik. Obgleich man sich über ihre Anzahl uneins war, be-stand Konsens darüber, dass neben dem Grundbegriff des Seienden selbst (ens) Einheit (unum), Wahrheit (verum) und Gutheit (bonum) zu den Transzendentalien gehören. Weiterhin wurden noch das Wesen (res), die Andersheit (aliquid) und in neuerer Zeit die Schönheit (pulchrum) zu den Transzendentalien gezählt. Ansätze zur scholastischen Transzendentalienlehre finden sich bereits bei Platon und seiner höch-sten Idee des Guten und bei Aristoteles, für den die Begriffe „Seiendes“ und „Eines“ austauschbar sind, da sich der Begriff des Einen auf all das anwenden lasse, auf was auch das Prädikat „seiend“ zutrifft.
aus wikipedia 

 

Nota. -  Die Transzendentalphilosophie hat es nie leicht gehabt, weil sie schwer ist. Weniger schwierig in einem verfahrenstechnischen Sinn, als schwer, weil sie verlangt, von unwillkür-lichen, weil selbstverständlichen Voraussetzungen abzusehen und so zu tun, als würde man ganz von vorn anfangen. 

Ein zusätzliches und an sich unnötiges Hemmnis ist allein schon ihr Name. Das Transzen-dente - da weiß jeder ungefähr, was er sich drunter vorzustellen hat und vielleicht gar nicht vorstellen kann. Das Transzendentale klingt so, als wäre es davon abgeleitet und sekundär. 'Transzendent ist, was jenseits der Erfahrung liegt; transzendental ist, was diesseits der Er-fahrung liegt', lautet die Erläuterung des Belehrers. Aber davon, was diesseits meiner Erfah-rung lag, musste ich schon eine gewisse Ahnung haben, wenn ich das verstehen sollte; das Wort allein macht mich um nichts klüger.
 
Kant war sich bewusst, eine ganz neue Denkweise in die Welt gesetzt zu haben. Die dafür erforderlichen Ausdrücke standen noch in keinem Wörterbuch, er musste sie schlecht und recht zusammensuchen und war froh, wenn er in der philosophischern Schulsprache ein paar Anhaltspunkte fand. 

Es waren aber, wie wir an dieser Stelle deutlich erkennen, nicht einfach die Vokabeln, um die es ging. Er suchte natürlich auch nach gedanklichen Vorarbeiten, auf die er sich berufen konnte, denn einer, der alles selbst erfunden haben will, ist bedenklich. Kant hat nicht nur nach Wörtern gesucht, sondern nach Vorstellungen, an die er knüpfen konnte.

Die scholastischen Transzendentalien waren das onto
logisch Erste. Doch nicht aufs Sein soll sich die neue Art des Philosophierens richten, sondern auf unser Wissen vom Seienden. Was allem Wissen sachübergreifend generisch zu Grunde liegt, was wissens logisch das Er-ste ist, das nennt Kant transzendental. 

Das Paradox ist ihm - froh wie er war, eine Stelle in der Überlieferung gefunden zu haben, auf die er zurückgreifen konnte - nicht aufgefallen: Was kann dem Wissen anders "zu Grun-de" liegen als - ein Akt? Ein Seiendes ja doch nicht, denn nur von ihm kann gewusst wer-den, das Wissen tritt an es heran, genauer: das Wissenwollen. Ein Reich des Transzenden-talen kann es gar nicht geben. Es gibt die Arbeit des Wissenwollenden, aber der muss alles selbermachen, gegeben wird ihm immer nur, was er sich selbst gegeben hat.
JE , 25. 3. 18


Dienstag, 17. Juni 2025

Wie lange noch?

zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

'Wie lange soll das denn noch gehen? Wird er erst Ruhe geben, wenn auch der allerletzte Satz, den er je aufgeschrieben hat, in einem Blog gepostet ist?'

Ein System soll es werden, das steht inzwischen fest. Und dass man ein solches nicht dar-stellen kann, habe ich immer wieder bestätigt gefunden. Man mag es als ein Schema umrei-ßen, das an jeder Stelle, die man ins Auge fasst, danach schreit, ausgeführt zu werden, und jedesmal mehr anzeigt, was fehlt, als was schon geleistet ist: so, dass jede Ausführung als ein Fragment dasteht und immer wieder andere zu Hilfe ruft.

Fertig wird man so nie. 

Der Sache nach kann ich gar nicht von selbst aufhören. Ich müsste es aber, wenn mir nichts mehr einfiele; oder wenn ich es, was aufs selbe hinausliefe, leid würde. Bis dahin mag es gottlob noch eine gute Weile haben, aber etwas ruhigertreten wollte ich manchmal schon. Doch selbst das kann ich erst, sobald ich darauf vertrauen darf, dass die Sache nicht unerle-digt liegenbleibt und womöglich im Maelstrom des Internet untergeht. 

Vielleicht bin ich ja nicht der einzige, der dran weiterhäkeln will?

 

Montag, 16. Juni 2025

Unbedingt; oder Sein und Gelten.

                                                                  aus Philosophierungen

Nur, was ist, kann unbedingt sein. Das Universum, aufgefasst als Gesamtheit alles dessen, was ist – als Raum-Zeit– bzw. Energie-Masse-Kontinuum –, ist unbedingt. Denn es ist nichts neben, d. h. außer ihm, das es bedingen könnte. Das Universum ist unbedingt und ergo kontingent.*

Das Reich der Logik ist das Reich der Geltungen. Eines gilt nur für (mindestens) eines – ein anderes. Geltung ist ein Verhältnis. Ein Verhältnis ist nicht unbedingt, sondern bedingt durch zwei, die im Verhältnis stehen. Was ist, kann nicht für etwas sein. Es kann für ein an-deres nur 'als seiend gelten'. Ein Verhältnis, das unbedingt ist, ist kein Verhältnis, sondern selber ein Seiendes. Ein Seiendes, das ohne das Sein eines anderen nicht ist, ist nicht: Ledig-lich das Zusammen-Sein beider ist. Ein reeller Wirkungszusammenhang ist
.


Wo sollten Husserls noemai als elementare, irreduzible unbedingte Geltungseinheiten 'sein'? In Raum und Zeit? Dort wären sie entweder notwendig oder kontingent. Sind sie notwen-dig, so sind sie bedingt durch das, was sie notwendig macht; nicht elementar, nicht irreduzi-bel. Sind sie an-sich, können sie nur kontingent sein. Aber dann treten sie nicht in ein Ver-hältnis. Sie können nur an sich gelten, aber nicht für eines. Sind sie außerhalb von Raum und Zeit, so ist nicht zu verstehen, wie sie innerhalb von Raum und Zeit für eines werden können. Sie sind nicht von dieser Welt, und damit gut.

Sein und Gelten sind ihrerseits Geltungen. Sie 'sind'   gelten als seiend   nur für eines. Alles, was gilt, gilt bedingt.

*) Es ist historisch-bedingt durch den Urknall. Aber der ist seinerseits un-bedingt, sonst wäre er nicht Ur
knall. 

•Juni 26, 2010 

Nachtrag. Nur "ein reeller Wirkungszusammenhang ist" - darauf läuft es hinaus. Es ist das Ergebnis der Reflexion, das man ihr logisch als ihren Sinn voraussetzen muss. Real ist nur wirken - erst in der Reflexion treten ein Wirkendes und ein Objekt auseinander: weil wir-ken in seiner Verlaufsform nicht denk
bar ist - nicht Gegenstand der Reflexion werden, sondern nur angeschaut werden kann -, aber als bloße Anschauung nicht mitteilbar ist.

In der Wirklichkeit nehmen wir nichts als 'Objekt' wahr, sondern ein jedes geltend entweder als Dieses oder als Jenes; und wenn nicht, dann gilt es als unbestimmt. Wenn es nicht einmal als das gilt, dann... ist es nicht wahrgenommen worden und hätte ebensogut gar nicht da sein können.
JE.
25. 1. 19

 

 

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Sonntag, 15. Juni 2025

Ob es die Welt wirklich gibt.

                                                       aus Philosophierungen

Natürlich glaube auch ich, dass es die Welt "wirklich gibt". Nur schlüssig demonstrieren könnte ich es keinem.

Das wäre aber die Bedingung dafür, dass ich es für wahr halten kann. 
aus e. Notizbuch, Okt. 07

Nachtrag.
Mhd. diu wereld ist die Gegend, wo die der Mensch - der wer - haust. Wäre sie lediglich das Universum der Kosmologen, würden richtige Aussagen über sie alleweil reichen. Da sie aber das ist, worin der Mensch haust, bestimmt sie entweder ihn oder er sie, oder sie be-stimmen sich wechselseitig.

In jedem Fall wäre die Welt sinnhaft aufgeladen und Aussagen über sie sollten richtig, müssten aber wahr sein und Sinn haben. Bloße Naturwissenschaft hat keinen.




Nota.
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Freitag, 13. Juni 2025

Real wird Freiheit nur als Befreiung.

                              zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Jenes Übergehen als solches wird angeschaut als seinen Grund schlechthin in sich selbst ha-bend, die Handlung dieses Übergehens heißt drum reale Tätigkeit, welche der idealen, die die erste bloß rein abbildet, entgegengesetzt wird; sonach wird die Tätigkeit des Ich in diese beiden Arten derselben eingeteilt.

Nach dem Grundsatze der Bestimmbarkeit ist ein reales Handeln nicht zu setzen ohne ein reales oder praktisches Vermögen. Reale und ideale Tätigkeit sind durch einander be-dingt und bestimmt, eine ist nicht ohne die andre, und was die eine sei, lässt sich bloß durch die andere begreifen. In diesem Akte der Freiheit wird das Ich sich selbst Objekt. Es ent-steht ein wirkliches Bewusstsein, an dessen Punkt von nun an alles angeknüpft werden muss, was Objekt desselben sein soll. Die Freiheit ist sonach der erste Grund und die erste Bedingung alles Seins und alles Bewusstseins.

 
Nota. 
Wirklich ist nur das Übergehen, denn nur Tätigkeit ist wirklich, und tätigsein ist übergehen von der Bestimmbarkeit zur Bestimmung. Der erste Grund und die erste Bedingung des Tätigseins dagegen ist nicht real: Freiheit ist, wie das Ich, ein Noumenon.
(Phänomenal gesprochen: Nur Übergänge sind wirklich. Festgestelltes Seiendes gibt es nur in der Vorstellung.)

Die Handlung des sich selbst Setzens des Ich ist ein Übergehen von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit. Wir müssen /47/ darauf reflektieren, wie das Ich es macht, um von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit überzugehen.

1) Hier gibt es keine Gründe; wir sind an der Grenze aller Gründe. Man muss nur zusehen, was man da erblicke. Jeder wird sehen: Es gibt da kein Vermittelndes. Das Ich geht über, weil es übergeht, es bestimmt sich, weil es sich bestimmt, dies Übergehen geschieht durch einen sich selbst begründenden Akt der absoluten Freiheit. 

Es ist ein Erschaffen aus nichts, ein Machen dessen, was nicht war, ein absolutes Anfangen. In der Unbestimmtheit liegt nicht der Grund der nachfolgenden Bestimmtheit, denn beide heben sich auf. Im Moment A war ich unbestimmt, mein ganzes Wesen wurde in dieser Unbestimmtheit aufgehoben. Im Moment B bin ich bestimmt, es ist etwas Neues da; diese kommt aus mir selbst: Das Übergehen geht in einen in sich selbst begründeten Akt der Freiheit über.
 
Nota I.
Die scholastischen Philosophen gebrauchten den Ausdruck causa sui, um den Gedanken einer Selbstschöpfung aus nichts begreiflich zu machen. Begreiflich macht er gar nichts, denn das hieße: aus Anderm ableiten. Causa sui, Actus purus, Esse a se - das lässt sich nach F. lediglich anschauen, wenn auch nicht auf sinnliche Weise. Es ist der Anfang der Vernunft, ihre Tätigkeit ist Übergehen des sich-selbst-setzenden Ich aus der Unbestimmtheit zur Bestimmung. Es bleibt mir unvorstellbar, wie er nebenher doch auch immer die Vorstellung einer vorab-bestimmten Vernunft hegen konnte. Aber man muss es hinnehmen wie es ist.

Nota II.
Aus nichts wird nichts, wird Fichte später, nach seiner dogmatischen Wendung, sagen - wo es nämlich erstmals aus-drücklich um das Woher - und also um Warum und Wozu - der Vernunft geht. 'Gab es' Vernunft, bevor 'das Ich sich setzte', dann war sie der Grund seines Setzens und sie war der absolute Anfang ohne Grund.
Der Transzendentalphilosoph Fichte hätte diese Darstellung als transzendent und eo ipso als dogmatisch verworfen. Er hätte vielmehr gesagt: Das sich-Setzen des Ich als das grundlose Übergehen vom Unbestimmten zum Bestimmteren ist selbst der Anfang der Vernunft; nur als ein solches hat das Wort Vernunft überhaupt eine Bedeutung.

Die Aufgabe, die die Wissenschaftslehre sich gestellt hat, war nicht das transzendent-dogmatische Projekt, die Welt und alles, was in ihr vorkommt, aus ihren Ursachen zu erklären; nämlich so, dass aus der Ersten Ursache alles andere mit Notwendigkeit erfolgen musste. Das hatten die metaphysischen Systeme vor Kants kopernikanischer Wende versucht.
Die Transzendentalphilosophie wusste sich damit zu bescheiden, das vorgefundene Faktum der Vernunft zu erklären. Sie muss nicht erklären, weshalb ein Ich 'sich gesetzt hat': Es hat es getan, das ist das Faktum, von dem wir ausgehen müssen. Dass das Auftreten der Vernunft in der Welt notwendig war, kann und darf sie gar nicht behaupten, denn dazu müsste sie hinter die Vernunft zurückgreifen - vor den Punkt, als 'es' sie 'gab'. Dazu müsste sie der Vernunft entraten. Die war aber Ausgangs- und Zielpunkt der Transzendentalphilophie.

 
Insofern kann man Fichte der Inkonsequenz nicht zeihen. Denn mit seinem Einknicken vor Jacobi und seiner Bereit-schaft, den Glauben der Vernunft voranzuschicken, hat er genau das getan: der Vernunft entraten. 

aus J.G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, §3, S. 46f. 

 

 

 

 

Freiheit und unendliche Annäherung.

W. Busch                  aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
 
Ein ideelles Ziel heißt so, weil es nicht in der Realität liegt. Real ist, was in Raum und Zeit vorkommt. Die Idee von der Freiheit kommt in meinem Kopf vor. Reell ist der Moment, wo mein Handeln von mir selbst bestimmt wird.

Der Moment, als mein Willen fremd  bestimmt wurde, war ebenso reell - doch die Idee von meiner Freiheit hat daran keinen Schaden genommen. Jedenfalls nicht unmittelbar. Nach langer Zeit war ich vielleicht erschöpft, und meine Willenskraft irgendwann auch. Doch solange die Idee in mir glomm, war ich ideell unterwegs und näherte mich ihr; ideell. Reell wurde sie stets in den Momenten, wo ich nach eignem Urteil handelte, und ich näherte mich realer Freiheit. Es wird Rückschläge geben, doch solange ich noch nicht aufgegeben habe, nähere ich mich ihr an. 

Reelle Freiheit ist kein Zustand, sondern ein Akt. Freiheit wird reell als Befreiung. Sie ist die Wirklichkeit der Freiheitsidee.

Ideelle Freiheit kann nicht reell werden, weil ich nie aufhören werde, in der Welt auf Wider-stände der andern Realen zu stoßen und mich, je mehr oder minder, selbst begrenzen zu müssen. 

So ein Glück! Andernfalls würde mein Glühen sich ins All zertreuen wie ein Rauch. Und recht besehen, hätte mir eine Idee von Freiheit gar nicht erst kommen können.

 

Donnerstag, 12. Juni 2025

Quantität ist auch eine Qualität.

                                                                     aus Marxiana

Einerseits schafft die kapitalistische Productionsweise, die sich jetzt als eine Productions-weise sui generis gestaltet, eine veränderte Gestalt der materiellen Production. Andrerseits bildet die-se Veränderung der materiellen Ge- stalt die Basis für die Entwicklung des Capi-talverhältnisses, dessen adaequate Gestalt daher einem bestimmten Entwicklungsgrad der Productivkräfte der Arbeit entspricht. 

Man hat bereits gesehn, daß ein bestimmtes und stets wachsendes Minimum von Capital in der Hand des einzelnen Capitalisten einerseits nothwendige Voraussetzung, andrerseits be-ständiges Resultat der spezifisch capitalistischen Productionsweise. Der Capitalist muß Eigenthümer oder Besitzer von Productionsmitteln auf einer gesellschaftlichen Stufenleiter sein, in einem Werthumfang, der alles Verhältniß zu der möglichen Production des Einzel-nen oder seiner Familie verloren hat. Dieß Minimum des Capitals ist um so grösser in einem Geschäftszweig, je mehr er capitalistisch betrieben wird, je höher die gesellschaftliche Productivität der Arbeit in ihm entwickelt ist. In demselben Umfang muß das Capital an Werthgrösse zunehmen und gesellschaftliche Dimensionen annehmen, also allen individu-ellen Charakter abstreifen. 

Eben die Productivität der Arbeit, Masse der Production, Masse der Bevölkerung, Masse der Surplusbevölkerung, die diese Productionsweise entwickelt, ruft mit frei gesetzten Ca-pital und Arbeit beständig neue Geschäftszweige hervor, in denen das Capital wieder auf kleiner Stufenleiter arbeiten kann und wieder die ver/schiednen Entwicklungen durchlau-fen, bis auch diese neuen Geschäftszweige auf gesellschaftlicher Stufenleiter betrieben wer-den. Dieser Prozeß beständig. Gleichzeitig die capitalistische Production tendirend sich aller ihrer bisher noch nicht bemächtigten Industriezweige, wo nur noch formelle Subsumtion, zu erobern. 
__________________________________________________________
K. Marx, Ökonomisches Manuskript 1863-1865, MEGA II/4.1, S. 105f.
  



Nota I. - Wer sich mehr als nur anschauend mit bildender Kunst beschäftigt, wird eines Ta-ges verblüfft bemerken, dass die absolute Größe eines Objekts selbst eine ästhetische Quali-tät an ihm ist. Ähnlich geht es ihm, wo erkennbar wird, dass das schiere Quantum des Wer-tes keine relative Größe und keine formale Bestimmung ist, wie von dem eigenschaftslosen Wert in seiner Abstraktion zu erwarten wäre, sondern unter gegebenen Umständen eine qualitative Bestimmung: Groß genug (Relation), um als Kapital fungieren (Qualität) zu kön-nen. Das Geheimnis: Ob die Wertmenge groß genug ist, entscheidet über ihren Gebrauchs-wert, ohne den sie nichts wert wäre. (Hier schlägt nicht 'Quantität in Qualität um'; sondern Tauschwert ist nur an einem Gebrauchswert; mal kommt es auf diesen, mal auf jenen an.)

16. 9. 18


Nota II. - Ebendies ist der Grund für den tendenziellen Fall der Profitrate. Wer nicht glau-ben will, dass der Gebrauchswert in der Kritik der Politischen Ökonomie eine "ganz anders wichtige Rolle" spielt als in der Politischen Ökonomie, kann es hier mit den Händen grei-fen. Man könnte fast meinen, allein dieser Unterschied ist schon die Kritik.
JE,
13. 9. 20
 

 

Nota - Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE

Der Begriff des Seins ist kein ursprünglicher, sondern ist von der Tätigkeit abgeleitet.

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