Vollkommenheit ist eine ästhetische Kategorie.
Was denn sonst?
Funktionalität mißt sich an einem jeweiligen Zweck. Wie ‚genau’ etwas funktionieren muß, ist eine Frage des Zwecks: Im wirklichen Leben reichen Grade des Ungefähr. Funktionalität hat ihr Maß außer sich. Was aber die Zwecke taugen, läßt sich nicht funktional bestimmen.
In der Logik gibt es richtig und falsch. Ihr Maß ist immanent: das richtige Verfahren, die formale Richtigkeit. Das Falsche ist nicht unvollkommen, sondern nicht-richtig. Was die Resultate jedoch selber ‚wert’ sind, ist keine Frage der Logik.
Vollkommenheit hat kein Maß außer ihr, aber auch nicht in sich: sie hat kein Maß. Man könnte sagen, sie ist Maß. Ist sie aber nicht. Denn dazu müßte sie bestimmt werden kön-nen, kann sie aber nicht (denn wäre sie durch etwas, dann wär sie nicht vollkommen). Sie ist keine Vorstellung, sondern eine Idee, qualitas qualitatium. Ihre Bestimmtheit ist eben, daß sie unbestimmbar ist; ihr Wesen ist, daß sie fehlt. Sie ist die ästhetische Idee schlecht-hin. Sie ist die Suche nach der ‚guten Figur’. Ist sie gefunden, erweist sie sich nach länge-rer Betrachtung (sic) als unvollkommen.
Die Idee der Vollkommenheit hat die Ethik aus der Ästhetik geborgt; Vollkommenheit des Handelns ohne Absicht auf einen Zweck; ‚Zweckmäßigkeit ohne Zweck’. (In der philosophischen Schulsprache wurde die Idee der Vollkommenheit zum ‚Begriff’ des Absoluten substantifiziert; so als ob es ‚sei’: Kant, De mundo sensibilis atque intelligi-bilis... Bei Fichte: das logisch Absolute ist „vollständige Wechselwirkung“.)
Und umgekehrt ist der Grund des Ästhetischen ein ethischer: Etwas erscheint vollkom-men, wenn es so ist, wie es sein soll. (So läßt sich ein jedes Ding unter ästhetischem Ge-sichtspunkt betrachten: als ob es so sei, wie es sein soll; wobei der Ursprung des Sollens ein Rätsel bleibt.)
Der spezifisch ästhetische Name der Vollkommenheit ist Schönheit. Das Schöne ist Bild des Vollkommenen. Paradox: als dieses Bild ist es nur eines; ist bestimmt, also unvollkom-men: Bestimmung des Unbestimmbaren.
Was denn sonst?
Funktionalität mißt sich an einem jeweiligen Zweck. Wie ‚genau’ etwas funktionieren muß, ist eine Frage des Zwecks: Im wirklichen Leben reichen Grade des Ungefähr. Funktionalität hat ihr Maß außer sich. Was aber die Zwecke taugen, läßt sich nicht funktional bestimmen.
In der Logik gibt es richtig und falsch. Ihr Maß ist immanent: das richtige Verfahren, die formale Richtigkeit. Das Falsche ist nicht unvollkommen, sondern nicht-richtig. Was die Resultate jedoch selber ‚wert’ sind, ist keine Frage der Logik.
Vollkommenheit hat kein Maß außer ihr, aber auch nicht in sich: sie hat kein Maß. Man könnte sagen, sie ist Maß. Ist sie aber nicht. Denn dazu müßte sie bestimmt werden kön-nen, kann sie aber nicht (denn wäre sie durch etwas, dann wär sie nicht vollkommen). Sie ist keine Vorstellung, sondern eine Idee, qualitas qualitatium. Ihre Bestimmtheit ist eben, daß sie unbestimmbar ist; ihr Wesen ist, daß sie fehlt. Sie ist die ästhetische Idee schlecht-hin. Sie ist die Suche nach der ‚guten Figur’. Ist sie gefunden, erweist sie sich nach länge-rer Betrachtung (sic) als unvollkommen.
Die Idee der Vollkommenheit hat die Ethik aus der Ästhetik geborgt; Vollkommenheit des Handelns ohne Absicht auf einen Zweck; ‚Zweckmäßigkeit ohne Zweck’. (In der philosophischen Schulsprache wurde die Idee der Vollkommenheit zum ‚Begriff’ des Absoluten substantifiziert; so als ob es ‚sei’: Kant, De mundo sensibilis atque intelligi-bilis... Bei Fichte: das logisch Absolute ist „vollständige Wechselwirkung“.)
Und umgekehrt ist der Grund des Ästhetischen ein ethischer: Etwas erscheint vollkom-men, wenn es so ist, wie es sein soll. (So läßt sich ein jedes Ding unter ästhetischem Ge-sichtspunkt betrachten: als ob es so sei, wie es sein soll; wobei der Ursprung des Sollens ein Rätsel bleibt.)
Der spezifisch ästhetische Name der Vollkommenheit ist Schönheit. Das Schöne ist Bild des Vollkommenen. Paradox: als dieses Bild ist es nur eines; ist bestimmt, also unvollkom-men: Bestimmung des Unbestimmbaren.
aus e. Notizbuch, um 2000
Zusatz.
Ich habe es gelegentlich erwähnt und komme darauf zurück, weil ich Wert darauf lege: Die Absicht, ein 'eigenes System' auszubauen, habe ich nie gehabt; ich hielt es für eine vorkritische metaphysische Marotte. Erst im Laufe meiner Beschäftigung mit der Wissen-schaftslehre hat mir gedämmert, dass zwar nicht Gott und die Welt als ein System zu fassen sind, aber eine bestimmte Vorstellung alias Begriff von der Vernunft anders als in einem System gar nicht zu fassen ist. Auf einen solche Begriff läuft die Vernunftkritik schließlich aber hinaus, wenn sie sich treu bleibt.
Ich habe dem Drängen des Materials nach Ordnung schließlich nachgegeben und begann, mich mit Prädikaten wie wahr und absolut vertraut zu machen, denn ohne die bleibt das System ohne Sinn. Und umgekehrt: Einen Sinn erhalten sie selber erst im System.
Ganz fremd war mir immerhin das Absolute schon nicht mehr gewesen. Es war mir bei meinen ästhetischen Gedankenspielen als das Vollkommene begegnet: siehe oben. Begrif-fen kann es aber ebensowenig werden wie jenes, und wie das Ästhetische selbst.
*
Nach Fichte ist das Ästhetische das Reich, wo die Alltagsvernunft des gesunden Men-schenverstands übertritt auf den spekulativen Standpunkt der Transzendentalphilosophie. Genauer gesagt: das Feld, wo die Vernunft ihr historisch gewordenes Korsett von defi-nierten Begriffen und geeichten Schlussregeln abstreift und zurückkehrt zum Spiel und zur Arbeit des ursprünglichen Vorstellens. Das Ästhetische ist das Kathartikon der Ver-nunft: Da muss sie durch, wenn sie sich selbst auf die Schliche kommen will.
*
Zugleich ist das Ästhetische der anthropologische Grundbestand. Unsere Intelligenz unterscheidet uns von den Tieren wohl in hohen Graden, aber doch nur in Graden. Der eigentliche Unterschied ist, dass die Menschen nicht nur über die Verhältnisse zwischen Dingen und vorgegebenen Zwecken, sondern über ihre Zwecke selber urteilen können: nämlich Qualitäten erwägen.
Das wird in unserer Gattungsgeschichte hunderttausende von Jahren bloß eine dunkles Ahnen gewesen sein, dass Qualitäten nicht, wie die natürlichen Zwecke der Selbst- und Arterhaltung, gemessen, sondern geschätzt werden, und es eine allerletzte oberste Quali-tät nicht geben kann, wenn nicht alle Qualitäten zu bloßen Relationen versanden sollen (wie es im geschäftigen Alltag zu oft den Anschein hat).
Mit andern Worten: die einzige Bestimmtheit, die der Vollkommenheit alias dem Abso-luten zukommt und eo ipso keine ist, ist die, dass sie schlechterdings fehlt.
Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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