aus Die Presse, Wien, 14. 9. 2022 zuJochen Ebmeiers Realien
Dieses Gen macht unser Gehirn so klug
Aus Versuchen an Organoiden schließen Forscher in Dresden auf einen Faktor, der uns von Affen unterscheidet
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Es ist das Organ, das uns Menschen auszeichnet: Unser Gehirn ist groß – fast dreimal so groß wie das unserer nächsten Verwandten, der Schimpansen –, stark strukturiert und unglaublich leistungsfähig. Es erlaubt uns, nur zum Beispiel, als einzigen Lebewesen, zu erforschen, wie unser Hirn beschaffen ist. Und zu fragen: Welche Gene machen den Unterschied?
Es gibt, wie zu erwarten, etliche Kandidaten. Für die Entwicklung des Stirnhirns – wo Planung und Selbstkontrolle sitzen – sind etwa Gene wichtig, die das Molekül Retinsäure steuern. So berichteten Forscher in Yale vor einem Jahr: Wenn man bei Mäusen ein Gen (CYP26B1) blockiert, das dieses Molekül ausschaltet, wachsen in ihrem winzigen Stirn-hirn viel mehr Synapsen als normal. Sie werden sozusagen menschlicher.
Noch unheimlicher klingt, was Forscher am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiolo-gie und Genetik in Dresden nun in den „EMBO Reports“ berichten. Nicht zuletzt durch die Methode: Sie arbeiten mit Organoiden, rund drei Millimeter großen Zellstrukturen, die frühe Phasen der Hirnentwicklung durchgemacht haben, aber freilich nicht funkti-onsfähig sind. Hergestellt werden diese Strukturen – die man nur sehr plakativ als Mini-hirne bezeichnen könnte – aus Stammzellen, die noch pluripotent sind, sich also in fast alle Arten von Zellen verwandeln können, eben auch Nervenzellen. Und zwar Stamm-zellen von Schimpansen, aber auch von Menschen.
Auch Neandertaler hatten es
Damit untersuchten die Rolle eines Gens namens ARHGAP11B, von dem sie schon länger wissen, dass es ein Primatenhirn größer machen kann. Es ist auch spezifisch menschlich, weil es – durch Duplikation eines anderen Gens (ARHGAP11A) – erst nach der Trennung der Vorfahren von Schimpansen und Menschen entstanden, aber vor der Abspaltung der Neandertaler. Diese hatten es also auch.
Wenn dieses Gen in den menschlichen Hirn-Organoiden ausgeschaltet wurde, sank die Menge an Neuronen des Neokortex auf das Niveau von Schimpansen. Wenn es umge-kehrt in Zellen der Schimpansen-Organoide eingefügt wurde, dann stieg die Menge dieser für geistige Fähigkeiten wichtigen Nervenzellen.
So bestätigen die Experimente den Einfluss dieses Gens auf die Bildung des menschli-chen Hirns, sagen die Forscher. Vorstellbar sei auch, dass manche Störungen von dessen Entwicklung auf Mutationen dieses Gens basieren.
Noch unheimlicher klingt, was Forscher am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiolo-gie und Genetik in Dresden nun in den „EMBO Reports“ berichten. Nicht zuletzt durch die Methode: Sie arbeiten mit Organoiden, rund drei Millimeter großen Zellstrukturen, die frühe Phasen der Hirnentwicklung durchgemacht haben, aber freilich nicht funkti-onsfähig sind. Hergestellt werden diese Strukturen – die man nur sehr plakativ als Mini-hirne bezeichnen könnte – aus Stammzellen, die noch pluripotent sind, sich also in fast alle Arten von Zellen verwandeln können, eben auch Nervenzellen. Und zwar Stamm-zellen von Schimpansen, aber auch von Menschen.
Auch Neandertaler hatten es
Damit untersuchten die Rolle eines Gens namens ARHGAP11B, von dem sie schon länger wissen, dass es ein Primatenhirn größer machen kann. Es ist auch spezifisch menschlich, weil es – durch Duplikation eines anderen Gens (ARHGAP11A) – erst nach der Trennung der Vorfahren von Schimpansen und Menschen entstanden, aber vor der Abspaltung der Neandertaler. Diese hatten es also auch.
Wenn dieses Gen in den menschlichen Hirn-Organoiden ausgeschaltet wurde, sank die Menge an Neuronen des Neokortex auf das Niveau von Schimpansen. Wenn es umge-kehrt in Zellen der Schimpansen-Organoide eingefügt wurde, dann stieg die Menge dieser für geistige Fähigkeiten wichtigen Nervenzellen.
So bestätigen die Experimente den Einfluss dieses Gens auf die Bildung des menschli-chen Hirns, sagen die Forscher. Vorstellbar sei auch, dass manche Störungen von dessen Entwicklung auf Mutationen dieses Gens basieren.
Nota. - Natürlich unterscheiden uns noch ein paar tausend morphologische Details von den Schimpansen. Die neue Untersuchung lässt aber vermuten, dass wir sie einem Anpas-sungsprozess verdanken, der nur durch das besagte Gen möglich wurde. Es wäre dieser Anpassungsprozess, den wir den Neandertalern voraushatten; nicht das Gen selbst.
JE
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