Donnerstag, 11. Mai 2023

Anschaubar wird Freiheit erst, wo sie auf Widerstand trifft.

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Die reale Tätigkeit* ist als solche nicht anschaubar, sie ist nicht Etwas, sondern bloßer Gedanke. Anschaubares Etwas wird die Tätigkeit erst, weil und wenn sie auf ein Hinder-nis stößt, welches sie aufhält. Nicht in ihrer Tätigkeit selbst ist Freiheit anschaubar, son-dern erst, wenn sie ein Objekt wählt, das ihr entgegen steht.

Freiheit ist dem tätigen Ich als seine Bestimmung zuerst nur zugedacht, ihre Energie heiße reale Tätigkeit; sie 'sind' insofern, als sie den Sinn der Handlung ausmachen, die doch sel-ber das einzig Anschaubare, das real-Reale ist. Sie ist der Ausgangspunkt der Wissen-schaftslehre, und nachdem jene sie in ihrem ersten, analytischen Gang als den einzig mög-lichen Grund der Ichheit bloßgelegt hatte, setzt sie in ihrem zweiten, synthetischen Gang das System der Ver-nunft aus diesem seinen Grund wieder zusammen.


Auf Widerstand trifft Freiheit erst, wo aus dem Gedanken sinnliches Handeln wird: in-dem sie sich am Gegenstand stößt.
7. 8. 17


Nachtrag. Dass Fichte zwischen Tätigkeit und Handlung unterscheidet, ist keine semanti-sche Feinheit, sondern in einem gewissen Sinn die Grundlage der Wissenschaftslehre. Denn sachlicher Kern- und Angelpunkt der kritischen Analyse sowohl als der transzen-dentalen Rekonstruktion der Vernunft sind weder das Ich noch die ihm als wesentlich zugeschriebene Tätigkeit - die erscheinen erst dem reflektierenden Verstand. Die reale Gegebenheit, an der die Analyse ihren Halt und die Rekonstruktion einen festen Bau-grund findet, ist das Handeln - nur im Handeln geschieht Einheit einer intelligiblen und einer Sinnenwelt, anders wäre ihre Unterscheidung gar nicht möglich. Erst hier begegnen sich Gegenstand und Zweck und bestimmen einander zu Geist und Stoff.

Die ontologisch-metaphysische Frage nach der Priorität des einen oder des andern war beantwortet, bevor sie gestellt werden konnte; denn Aufgabe war gar nicht ihre Vereini-gung, sondern ihre Scheidung. Die erste ist gegeben vor allem Bewusstsein, die zweite dessen unvermeidliches Resultat. Um sie wieder aufzuheben, ist es nötig, dass das Be-wusstsein seiner selbst bewusst wird; als Transzendentalphilosophie.
16. 4. 19

*) Tätigkeit überhaupt', nämlich vor jeder Bestimmung ist Übergehen vom Unbestimmten zum Bestimmteren. Real ist sie, sofern wirklich vorgestellt wird. 'Ideal' heißt dagegen die bloße Reflexion auf das wirkliche Vorstellen. Tätigkeit in der sinnlichen Welt ist eine zu-sätzliche, weiterführende Bestimmung der realen Tätigkeit: denn wirkliches Vorstellen war sie, bevor sie sinnlich werden konnte.
4. 10. 22



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